Leuchtkäferchen, Lagerfeuer
und viel sagenumwobene Magie
Es ist Johannizeit. Die Leuchtkäferchen glühen in ihrem Liebeswerben, die Nächte sind kurz und die Sommerabende lau. Bei allen Sorgen, die uns möglicherweise bei dem aktuellen irdischen Getöse umtreiben, spüren wir intuitiv eine gewisse Leichtigkeit. Am 21. Juni feiern wir die Sommersonnenwende. Es ist ein besonderer Tag. Kulturell, astrologisch und spirituell. Es lohnt sich, einmal genauer hinzuschauen.
Am Tag, an dem die Sonne die größte Mittagshöhe über dem Horizont erreicht, ist Sonnenwende. Der astromische Sommer beginnt und wir tauchen ein in das Tierkreiszeichen Krebs. Das Symbol des Krebses zeigt sich uns mit zwei Spiralen, die die auf- und die untergehende Sonne symbolisieren. Herrscher des Krebses ist der Mond. Es ist das Zeichen der Empfängnis. Gemeint ist damit nicht nur die Zeugung eines Kindes. Vielmehr wird dadurch auch auf das Aufnehmen von Eindrücken hingewiesen, durch das oftmals ein kreativer Prozess angeschubst wird. Öffnen wir uns den äußeren Eindrücken, beginnt etwas in uns, sich zu regen und zu entfalten. Dieser schöpferische Vorgang beschränkt sich zunächst darauf, die eigenen Gefühle wahrzunehmen. Tun wir das, entsteht auf diesem Nährboden Neues, was durch kreative Mittel ausgedrückt werden kann.
Inspiration und Sicherheit
Bei all der Gefühlsbetontheit, die mit diesem Tierkreiszeichen einhergeht, suchen wir nicht nur Inspiration, sondern auch nach Sicherheit. Diese Sicherheit ist nicht nur materiell gemeint, sondern vielmehr werden wir auf die seelische Geborgenheit hingewiesen, die mindestens so wichtig ist. Zwischenmenschliches steht im Vordergrund und bestimmt in der Zeit, in der das Tierkreiszeichen Krebs die Zeitqualität prägt, unser grundsätzliches Lebensgefühl. Wir spüren vielleicht sogar mit einem deutlichen Bauchgefühl, dass unsere Sicherheit im Geistigen zu finden ist und erinnern uns an die Urquelle des ewigen Seins, die uns durch viele Leben getragen hat und tragen wird. Wir spüren die Verbindung zu dieser Quelle und wissen in dieser Zeit besonders gut, dass wir diese pflegen sollten, um wahrhaftiger und authentischer im Leben bestehen zu können. Wir dürfen für uns selbst die Verantwortung übernehmen, weil wir wissen, dass etwas Höheres, in das wir eingebettet sind, uns immer schützt, wenn wir darum bitten und die Hilfe aus dieser Quelle zulassen.
Wir feiern am Tag der Sommersonnenwende dieses Himmelsereignis mit der Verehrung der Sinne, die für unser irdisches Leben eine essenzielle Bedeutung haben. Auffällig ist, dass die Sonne im abendländischen Kulturkreis immer dem männlichen Prinzip zugeordnet ist, jedoch hier eine Ausnahme im germanischen Sprachraum besteht. Bei uns steht die Sonne für die Mutter, die uns nährt und schützt.
Mystik liegt in der Luft
Es liegt dementsprechend auch immer ein bisschen Mystik in der Luft dieser Tage, die ab dann wieder kürzer werden – bis wir am 21. Dezember die Wintersonnenwende mit der längsten Nacht feiern. Wir nähern uns wieder den Themen der Vergänglichkeit und werden daher nicht von ungefähr mit der Signatur des Krebses darauf verwiesen, uns ein Zuhause zu schaffen, unsere Wurzeln zu würdigen und uns um Wohlbefinden zu bemühen. Gefühle, die sich jetzt bemerkbar machen, möchten beachtet werden.
Wir sind mit diesem Himmelsereignis auch im 2. Quartal des astrologischen Jahres angekommen, das dem Element Wasser zugeordnet ist. Dieser Abschnitt wird deshalb auch als “seelischer Quadrant” bezeichnet. In ihm finden sich alle Themen, die ein Mensch emotional erfahren und erleben will, um daraus den inneren Wachstumsprozess voranzubringen. Er umfasst nicht nur das Tierkreiszeichen Krebs, sondern auch den Löwen und die Jungfrau.
Auch das Wesen unserer Erde dürfen wir uns vor Augen halten. Mit der Seele der Erde sind wir verbunden und damit auch in ihren geistigen Entwicklungszyklus eingebunden – ob uns dieser nun bewusst ist oder nicht. Was wir nicht mehr wissen: Auch Mutter Erde unterliegt dem Rhythmus einer „Atmung“ die an die Jahreszeiten gebunden ist. Zu Johanni hat sie in einem gewissen Sinne ganz ausgeatmet. Genauer gesagt: Das Seelenhafte der Erde wurde in den kosmischen Raum hinaus geatmet. Dort durchtränkt sich der Atem mit der Kraft der Sonne und der Sterne. Der Christus, der mit diesem Seelenhaften der Erde verbunden ist, so beschreibt es Rudolf Steiner, vereint auch seine Kraft mit der Sternenkraft und der Sonnenkraft in dieser bedeutungsvollen Zeit. Zur Wintersonnenwende wird die Erde als dies wieder zur Gänze eingeatmet haben.
Sinn und Geist
Die alten Eingeweihten haben besonders intensiv den inneren Sinn und Geist dieser Zeit, rund um Johanni gefühlt. Sie haben es so empfunden, dass sie ihre Seele mit ihren Ritualen wie die Erde auch, mit den kosmischen Weiten verbunden und durchdrungen haben. Ihnen war noch bewusst, dass unsere Seele nicht nur im Irdischen, sondern auch mit den kosmischen Weiten verbunden ist. Die Kraft, die von dort auf uns wirkt, wird im Sommer zurückgespiegelt durch die sprießenden Pflanzen, durch die Pracht und Üppigkeit der bunten Blumen, im anmutigen Flug der Insekten oder dem phantasievollen Federkleid der Vögel. Sie repräsentieren das, was wir in die Seele aufnehmen, wenn wir uns mit dem hinausflutenden Atem der Erde verbinden, um kosmisch und nicht nur irdisch zu leben. So haben es jedenfalls diejenigen Menschen empfunden, die inspiriert waren von den Einweihungsstätten, und die Art, wie diese Mystiker das Sommersonnenwendefest verstanden hatten.
Auch die Engel haben an diesem Tag etwas zu tun. Erzengel Uriel löst die Regentschaft von Raphael ab, der den Frühling mit seinem Wirken durchpulst hat. Uriel gilt als der Engel der Erde. Er bestraft die Ungerechtigkeit bei den Menschen und wird als jener Engel angesehen, der nach dem Sündenfall den Eingang ins Paradies bewacht (1 Mos 3,24 LUT). Er war es, der Noah die Sintflut ankündigte (1 Mos 6,5 LUT). Er steht an der rechten Seite von Erzengel Michael, der im Herbst mit seinem Flammenschwert das Böse von der Erde nimmt, damit wir rein werden, um Weihnachten das Licht empfangen zu können, das mit der Geburt des Christus auf die Welt kommt. Seit der Christianisierung Europas wird mit der Feier der Sommersonnenwende auch oft Johannes dem Täufer gedacht, der seinen Namenstag, eben an Johanni, am 24. Juni hat.
Verborgene Schätze
Im heidnischen Mitteleuropa, bei Kelten und Germanen, war die Sonnenwende ein Höhepunkt im Jahresablauf und das bedeutet auch sie war ein Anlass für Feste zu Ehren der Fruchtbarkeit. Der Tag galt zu dieser Zeit im Volksglauben als sagenumwoben und geheimnisumwittert, denn es hieß Hexen und Dämonen seien frei und trieben ihr Unwesen. Die Rede ist aber auch von verborgenen Schätzen, die plötzlich auftauchen können, während aus Bächen und Seen der Klang versunkener Glocken zu hören sein soll. Die milden Sommernächte galten damals als weit weniger gefährlich als jene Nächte in den Wintermonaten. Vielleicht entwickelten sich aus dieser Gelassenheit heraus nach und nach unsere eher heiteren Volksfeste. Genießen wir die relative Unbeschwertheit dieses Tages, wenn wir durch den Wald gehen oder feststellen, dass das Getreide langsam gelb wird. Die ersten Früchte durften wir bereits ernten und wenn wir uns unseres Wirkkreises bewusst sind, dann können wir vielleicht mitsummen, wenn von irgendwo her Luis Armstrong zu hören ist, der verschmitzt schmettert: What a wonderfull world. Und vielleicht kannst Du genau das nachempfinden, wenn Du an einem Sonnenwendfeuer sitzt und im Rahmen deines inneren Dialoges zugibst: Stimmt, da hat er recht.